Jeden Tag ein Schritt mehr. Fünf, sechs sind es heute schon. Kleine Trippelschritte, aber er kommt vorwärts. Er wackelt, stolpert fast, geht mit ausgestreckten Händen in die Knie und fängt sich ab. Richtet sich wieder auf, macht noch einen Schritt. Fällt der Länge nach hin und lacht sich kaputt.

Dieses Kind ist ein Wunder.

Leider kann ich es nicht richtig genießen in den letzten Tagen. Ich bin so kaputt, ich fühle mich ausgelaugt. Ich habe keine Kraft dafür, die Bedürfnisse zweier Kleinkinder zu erfüllen. Besonders das Winterkind steckt zurück. Will klammern, will durchgekitzelt werden, will laufen üben, aber oft genug, viel zu oft, kann ich einfach nicht. Ich sitze da und heule und wenn ich mich frage, wieso eigentlich, denke ich nur, dass ich einfach zu geschafft bin. Ich zähle die Minuten, bis der Mann heimkommt und ich mich endlich etwas ausruhen kann. Fünf Minuten, in denen nicht an mir gezogen und gezerrt wird.

Das klingt schrecklich, finde ich, ich bin mir auch sehr sicher, dass diese Zeit bald vorbei und alles entspannter sein wird, aber im Moment stolper ich halt so durchs Leben. Vielleicht sind es auch tatsächlich die Schwangerschaftshormone, die mich im Moment im Griff haben, denn mit ein wenig Abstand betrachtet ist mein Leben ehrlich gesagt nicht so anstrengend. Zumindest nicht so anstrengend, wie ich es derzeit empfinde. Ich habe fast jeden Vormittag eine ganze Stunde Pause, in der das Winterkind schläft. Mittags holen wir mit dem Auto die kleine Wachtel ab und manchmal schlafen sogar beide Kinder nachmittags gleichzeitig. Wenn sie wach sind, spielen sie oft gemeinsam. Was zur Hölle macht mich eigentlich so fertig?

Ich bin in der achtzehnten Schwangerschaftswoche. Die Hälfte ist fast geschafft und ich habe irgendwie in der ganzen Zeit kaum dreimal an das Spünkchen gedacht. Ich denke, das ist normal, es hat halt wenig Raum im Alltag, aber es ist eben doch da. Wächst, gedeiht und kostet Kraft, auch wenn ich es nicht merke.

Manchmal denke ich: Oh nein, wie soll das nur mit drei Kindern werden, wenn ich mit zweien schon so strauchel? Wenn ich jetzt schon so weit entfernt bin von der veganen Merino-Mami, wenn mir jetzt schon an allen Ecken und Enden Zeit fehlt und wenn ich mir jetzt schon die Tränen verkneife, wenn ich sehe, wie schön der Mann abends mit den Kindern spielt, während ich einfach nicht dazu in der Lage bin?

Dann wieder denke ich: Die Kinder werden ja älter. Es wird immer leichter werden. Die kleine Wachtel wird fast drei Jahre alt sein, wenn das Spünkchen kommt, sie wird noch verständiger sein als sie es heute schon ist. Sie braucht nicht mehr den ganzen Tag meine Aufmerksamkeit, sie geht zum Beispiel heute schon öfters mal für eine halbe Stunde nach oben und spielt alleine. Und das Winterkind wird sie bald begleiten können. Es ist ja nicht so, dass ich dann plötzlich drei Babies habe. Und der Mann ist auch noch da, und meine Mutter, meine Schwester, meine Freundin.

Es wird schon klappen, natürlich. Tut es doch immer.

Ich möchte nur so gerne diese Phase jetzt hinter mir lassen, in der mir einfach so die Tränen aus den Augen purzeln und ich wie im Film neben mir stehe und die ganzen Fehler sehe, die ich mit meinen Kindern mache, ohne es wirklich ändern zu können.

Ein bisschen mehr Kraft und Energie, vielleicht ist es das, was fehlt.